Wir schreiben das Jahr 1782.

In Deutschland wird Johann Wolfgang von Goethe geadelt und in der Schweiz findet die letzte Hexenhinrichtung statt (sie wird mit dem Schwert geköpft).

Ein bitterkalter Tag Ende des Jahres. Der Wind pfeift um die Ecken der Häuser des kleinen südfranzösischen Dorfes Annonay nahe des Rhone-Tales. In der warmen Gaststube der kleinen Herberge sitzen die Brüder Montgolfier und starren in das prasselnde Kaminfeuer und sind mit ihren Gedanken ganz wo anders. Sie schlagen sich seit langem mit einem Traum herum. Sie wollen der Erde entschweben und fliegen! Aber alle ihre Berechnungen und Modelle sind gescheitert.

Es geschieht in dem Augenblick als die Wirtin dem Feuer etwas zu nahe kommt. Sie bückt sich. Vielleicht etwas zu tief. Durch die Heißluft bauscht sich ihr Taftrock gewaltig und sie glauben nun endlich die Lösung gefunden zu haben. Da gibt es offenbar etwas, das Dinge zum schweben bringen kann. Und mit der richtigen Menge und der richtigen Größe könnte sogar vielleicht ein Mensch so der Erde entschweben…

Als ihre vielen Versuche schließlich erfolgreich enden bauen sie aus Papier, das mit Leinwandsegmenten verstärkt wird einen Ballon mit mehreren Metern Durchmesser. Er hat ein Volumen von 500 Kubikmetern. Eine Blechpfanne wird darunter gebunden und die Brüder entzünden Stroh und Wolle darauf – so erhält der Heißluftballon den nötigen Auftrieb und erhebt sich in die Lüfte.

 

 
 
 
 
Ein Ballon !

 

Ein Menschheitstraum wird wahr. Der Weg ist geebnet, um das unvorstellbar große Luftmeer zu erobern.

Ganz Paris trifft sich am 19. September 1783 im Schlossgarten von Versailles, sogar König Ludwig der XVI. war gekommen um den Ballon samt Besatzung von der Erde abheben zu sehen, hatte allerdings verfügt das so eine Fahrt für einen Menschen zu gefährlich sei. Man solle Tieren dieses Risiko überlassen. Deshalb bestand die Besatzung an diesem denkwürdigen Tag aus einem Hahn, einer Ente und einem Hammel. Genau acht Minuten dauerte die erste „bemannte“ Fahrt.

Im November 1783 vor den Augen von 440.000 Menschen bestiegen die ersten Menschen einen Ballon. Die beiden Piloten hatten alle Hände voll zu tun. Ständig müssen sie das Feuer mit Stroh und Schafwolle in Gang halten und jede Sekunde darauf achten, dass über-springende Funken nicht die Hülle aus Seide und Papier in Brand setzten. 25 Minuten dauerte die ruhige Fahrt über ganz Paris bis zum 8 km entfernten Landeplatz.

Zu Ehren der Gebrüder Montgolfier hießen fortan alle Heißluftballone – MONTGOLFIEREN.

Die phantastische Welt der Ballons entdecken bald auch die Militärs. Man konnte in luftiger Höhe die Stellungen und Bewegungen des Feindes kontrollieren und auch Nachrichten an die eigenen Truppen senden.

Heute fahren wir mit modernen Heißluftballonen, die aus einem nicht brennbaren Nylonstoff bestehen, ein Brenner von ca. 2.000 PS ermöglicht uns ein sicheres und langes Ballonvergnügen.

Wilhelmine Reichard – die erste deutsche Ballonfahrerin

Eine Sensation! Am 16.4.1811 erhebt sich in Berlin die erste deutsche Frau mit einem Ballon in die Lüfte – und landet sicher wieder auf der Erde: Wilhelmine Reichard. Sie stammt aus Braunschweig und ist gerade erst 23 Jahre jung. Angeregt und unterstützt durch ihren Mann, den Chemiker und Astronauten Gottfried Reichard, absolviert Wilhelmine zwischen 1811 und 1820 insgesamt 17 Ballonfahrten. Alle sind ein Abenteuer, aber nicht alle verlaufen so glücklich wie die erste. Am 30.09.1811 startet sie in Dresden. Das Wetter ist ungünstig. Dennoch wagt sie den Aufstieg. Wilhelmine erreicht eine Rekordhöhe von ca. 7800 m; sie verliert dabei das Bewußtsein. Der Ballon zerreißt. Sie überlebt den Absturz in der Sächsischen Schweiz. 5 Jahre später steigt sie erneut auf – in vielen deutschen Städten, aber auch in Prag, Brüssel und Wien. Von Kennern der Luftfahrtgeschichte wird Wilhelmine Reichard als Pionierin der Luftfahrt bezeichnet. Ihre wissenschaftlichen Beobachtungen und exakten Messungen während der Ballonfahrten sind überliefert. 1816 unternimmt sie bereits eine Zielfahrt von Berlin nach Fürstenwalde. Das ist ein Novum in der damaligen Zeit. Übereinstimmend wird von ihren Zeitgenossen die absolute Zuverlässigkeit Wilhelmines gerühmt. Sicher gehört zu den charakteristischen Stärken auch ihr Selbstbewußtsein, ihr Mut und ihr Sachverstand. Hinzu kommt ihr handwerklich – technisches Können. 

Jeder ihrer Ballonaufstiege wird, gemeinsam mit ihrem Mann, sorgsam vorbereitet und in ein publikumswirksames „Rahmenprogramm“ eingebettet: Abwurf von Fähnchen und selbstgefertigten Gedichten, Zur – Schau – Stellen des Ballons, Zeitungsberichte aus eigener Feder … Das sind nicht nur Zugeständnisse an das Publikum, Wilhelmine hat auch ganz ökonomische Gründe: Sie will ihren finanziellen Teil zum Bau einer chemischen Fabrik im Freitaler Ortsteil Döhlen beitragen. Und Ballonfahrten, zumal von Frauenzimmern, locken zahlende Zuschauer an und finden – geschickt vorbereitet – wohlhabende Geldgeber. 1820 ist es gar der österreichische Kaiser, der Wilhelmine großzügig in Prag und Wien belohnt. Aber welch innere Motivation hat diese kleine, zierliche Frau, wieder und wieder in die Lüfte zu steigen? Welche Träume hat sie? Sie sagt es so: „… gleich einem Sonnenstäubchen im Weltall schwebend, seiner Winzigkeit sich so augenscheinlich bewußt werdend – ein Augenblick, der, wie oft er sich mir auch noch erneuen möge, nie mich kalt lassen wird.“ Nach 1820 steigt Wilhelmine nicht mehr in die Gondel ihres Ballons. Ihre Familie läßt sich 1821 im heutigen Freital nieder. Wilhelmine schenkte 8 Kindern das Leben, 7 zog sie groß. 1848 starb sie, knapp 60jährig. Auf dem Friedhof Freital – Döhlen fand sie, ebenso wie ihr Mann 4 Jahre zuvor, ihre letzte Ruhestätte.

Aus einem Aufsatz von Frau Dr.phil. Heide Monjau Pohrsdorf Sachsen Germany Frauengeschichtswerkstatt Weißeritzkreis